SPD lehnt den Haushalt 2022 ab

Hauslhaltsplanentwurf 2022

Der Rat hat am Dienstag, den 14.12.2021 weiter über die Gebühren der Gemeinde beraten. Anschließend haben die Fraktionsvorsitzenden ihre traditionelle Haushaltsrede gehalten und es kam zur Abstimmung des Haushalts 2022. Der Haushalt 2022 wurde mehrheitlich angenommen, gegen die Stimmen der SPD, der FDP und der UwG, also 9 Nein Stimmen.

Die Haushaltsrede von dem Fraktionsvorsitzenden der SPD Christian Ley kann man hier downloaden.

Haushaltsrede SPD-Fraktion 13.12.2021
(Es gilt das gesprochene Wort)
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Stohldreier,
Sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung,
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Ratsmitglieder,
zunächst bedanke ich mich im Namen der SPD-Fraktion bei Herrn Stohl-dreier und dem Team der Gemeindeverwaltung für die geleistete Arbeit des vergangenen Jahres.
Wir beraten heute über den Haushalt des Jahres 2022. Dieses Jahr wird dann schon das dritte Jahr sein, in dem uns die Corona-Pandemie in Atem hält und unseren Lebensrhythmus ständig neu verändert. Das Jahr 2021 war ein reines Wechselbad der Gefühle. Die erste Jahreshälfte war gefühlt ein langer kalter Lockdown-Winter. Zeitgleich kam jedoch die Hoffnung durch die Impfstoffe auf, die uns allen den Weg aus der Pandemie zeigten. Leider wurde diese Impfkampagne wie so vieles seit Pandemiebeginn durch die Bundesregierung und das föderalistische Kuddelmuddel verstolpert. Während die oft gescholtenen Südeuropäer in kurzer Zeit Impfquoten von 80-90% erreichten, erstickte Deutschland im Chaos.
In anderen Staaten wurden alle Bürgerinnen und Bürger angeschrieben und bekamen automatisch einen Impftermin. In Deutschland sollten sich 10 Mio. Menschen gleichzeitig über eine Hotline einen Termin sichern, die natürlich völlig überlastet war. Und leider haben wir aus den Fehlern des ersten Pandemiejahres wenig gelernt. Bei den Auffrischungsimpfungen stehen nun wieder an jeder Impfstelle hunderte Menschen in der Schlange. Gleichzeitig würgt der Datenschutz selbst die korrekte Erfassung der Impfquoten ab. Angefangen bei einem Gesundheitsminister, der spätestens seit der Bundestagswahl die Arbeit eingestellt zu haben scheint, bis in die Verwaltungen der Städte und Gemeinden, sieht man derzeit wieder eine eklatante Überlastung und die mangelnde Ausstattung. Dies gefährdet unser Gemeinwesen und unseren Wohlstand auf ernüchternde Weise. Allerdings gibt es doch Hoffnung, wenn beispiels-weise die Gemeinde Ascheberg in einem beispiellosen Kraftakt an einem einzigen Wochenende die Verabreichung von mehr als 2800 Impfdosen organisiert, und das auch noch mit digitaler Terminanmeldung und ohne Chaos. Hierfür danken wir ausdrücklich dem Bürgermeister und dem ge-samten Verwaltungsteam und allen beteiligten Ehrenamtlern für diese grandiose Leistung. Daran sollten wir in unserem Gemeinwesen häufiger anknüpfen.
In den kommenden Jahren sehen wir uns mit noch weitaus größeren Krisen konfrontiert. Zuerst wäre die Klimakrise zu nennen. Insbesondere der konservative Teil des politischen Spektrums gefällt sich immer noch
darin, zwar Klimaneutralität zu versprechen, aber gleichzeitig alle Maß-nahmen zu blockieren, die beim Erreichen dieses Zieles erfolgreich sein können. Im Ascheberg steht immer noch kein Windrad. Stattdessen reichen wir mit den Stimmen von CDU und FDP eine Eingabe nach der an-deren bei unseren Nachbarn ein, um deren Bemühungen um regenerative Energien zu hintertreiben. Diese politische Verzagtheit lässt sich auch mit einer Förderung der Fotovoltaik kaum wettmachen. Um die Leistung einer modernen Windenergieanlage auszugleichen, müsste man mehr als 1000 Einfamilienhäuser mit Fotovoltaik ausrüsten.
Der demografische Wandel schlägt bereits jetzt zu und wird sich noch verschärfen, wenn die Generation der Babyboomer in den Ruhestand geht. Neben dem Problem der Bezahlbarkeit unserer sozialen Sicherungssysteme ereilt uns ein Mangel an Fachkräften, gegen den die heutige Situation wir ein Schlaraffenland wirken wird. Doch was tut Ascheberg? Wir erheben von Familien mit einem Einkommen unterhalb der Ar-mutsgefährdungsschwelle Gebühren für Ganztagsbildung und Kitas. Stattdessen entlasten wir Jagdhundbesitzer unabhängig deren Einkommens. Dabei werden Jagdhunde uns weder pflegen noch das Dach reparieren.
Hier werden die völlig falschen Prioritäten gesetzt. Diese Versäumnisse werden uns bitter auf die Füße fallen, wenn wir nicht sehr bald umsteuern. Bildung muss gebührenfrei sein, von der Kita bis zur Uni. Man kann dahingehend nur hoffen, dass durch den Regierungswechsel in Berlin und den hoffentlich 2022 kommenden in Düsseldorf sich hier der Wind dreht.
Auch die Gemeinde muss ihre Hausaufgaben besser erledigen. Welches Signal geht denn bitte von dem Beschluss zur Teilprivatisierung des Abwassernetzes unserer Gemeinde aus? Die Begründung ist, dass die Gemeindeverwaltung ihre gesetzlichen Pflichtaufgaben nicht mehr schafft. Hinter dieser ehrlichen Aussage steckt dasselbe wie hinter überforderten Gesundheitsämtern: ich nenne es Staatsversagen. Dabei sind die Wege klar erkennbar: Bildung und Zuwanderung. Und kluge Kooperation mit Schulen und Hochschulen zur Gewinnung und Bindung von Fachkräften. Doch während Bildung immer noch Geld kostet, Geflüchtete kurz vor der Gesellenprüfung abgeschoben werden, lamentieren wir über den personellen Notstand. Ich frage: Wo sind die zusätzlichen Ausbildungsplätze, wo sind die Angebote zum dualen Studium? Und wie viele Studierende konnten in den letzten Jahren ihr Praxissemester in der Gemeindeverwaltung absolvieren? Die Rezepte von vorgestern funktionieren nicht mehr. Positiv überrascht hat mich Ihr Bericht aus dem HFWA in der vergangenen Woche. Hier waren gute Ansätze erkennbar das Problem an-zugehen. Wir als SPD-Fraktion werden genau beobachten, ob diese Maßnahmen ausreichen und wir den Verlust von 18 Mitarbeiterinnen, die in den Ruhestand wechseln werden, in den nächsten 5 Jahren wirklich ausgleichen können. Stark ist unsere Gemeinde immer dann, wenn es an Investitionen in Steine – also in Gebäude – geht. Ausdrücklich unterstützen wir die großen Bauprojekte an den Schulen und für die Feuerwehr, den Neubau von Kitas und die Neugestaltung von Plätzen. Aber genauso, wie in den Krankenhäusern keine Möbel fehlen – also Intensivbetten – sondern die Profis am Bett, fehlen uns künftig mehr und mehr Experten, die unser Gemeinwesen organisieren. Bei den Schulbauten sind wir schon leicht im Zeitverzug. Deshalb werden doch wieder Schülerinnen in Container-bauten untergebracht, bis die neuen Gebäude stehen. Das darf auf keinen Fall zur Langzeitlösung werden.
Wenn wir hier nicht bald gegensteuern, werden unsere schönen Pläne in die Schublade wandern, weil keiner sie umsetzen kann. Wir alle wissen, dass die Verkehrswende nicht irgendwann, sondern genau jetzt angelaufen ist. Bei der Dekarbonisierung des Verkehrs sind erhebliche Anstrengungen vonnöten. Dazu gehört eine kluge Neuaufteilung des Verkehrs-raumes, der massive Aufbau von Ladegelegenheiten für die Elektromobilität und ein Ausbau des ÖPNV. Das darf nicht in Trippelschritten, sondern muss in Höchstgeschwindigkeit vorangetrieben werden. Wir erwarten im kommenden Jahr eine zügige Umsetzung des lange erwarteten Mobilitätskonzeptes, für die auf unseren Antrag erste Mittel zur Umsetzung bereitgestellt wurden.
Die Rezepte liegen längst auf dem Tisch. Und wer von Technologieoffenheit in der Energie- und Mobilitätswende spricht, sollte diese nicht als Feigenblatt einsetzen, weil ihm die heutigen Rezepte nicht gut genug schmecken. Wir können nicht auf eine noch nicht einsatzreife Technik bauen, die unsere Probleme irgendwann in der Zukunft vielleicht mal löst. In allen Bereichen gilt: wer auf die Wissenschaft hört und politische Entscheidungen gut begründet, wird die Bürgerinnen auch mitnehmen können. Wir wissen, dass Ihnen – Herr Bürgermeister – eine umfassende Mehrheit für Ihren Haushalt sehr wichtig ist. Große Teile des Haushaltes finden unsere Zustimmung. Wir unterstützen Sie bei der maßvollen Erhöhung der Steuerhebesätze und in dem mutigen Griff in die Ausgleichsrücklage, sofern dieser denn wirklich nötig sein wird. Weiterhin kritisieren wir jedoch die weiterhin ungerechte Zinskalkulation in den Gebührensätzen, auch wenn diese mit dem langfristigen Zins-strahl rechtssicher begründet sein mag. Die höchstrichterliche Entscheidung dazu steht noch aus. Der Verweis der CDU-Fraktion im HFWA auf die Inflationsrate greift hierbei völlig ins Leere. Bei Zinsen am Kapital- markt von unter 1% wirkt sich die Inflation nicht auf langfristige Investitionen aus, vielmehr sind die Gebühren selbst ein Inflationstreiber für die Bürgerinnen.
Diese Gebührenkalkulation inklusive der Teilprivatisierung des Abwassernetzes und die falschen Anreize bei den Elternbeiträgen für die OGS haben uns letztendlich dazu bewogen, dem Haushalt für das Jahr 2022 nicht zuzustimmen.
Wir werden jedoch weiterhin die Arbeit der Gemeindeverwaltung konstruktiv und positiv begleiten und wünschen Ihnen – Herr Bürgermeister – und den anderen Fraktionen mehr Mut, die richtigen Entscheidungen zu wagen. Die Modernisierung unseres Gemeinwesens für die Zukunft, die längst begonnen hat, ist unser wichtigstes Ziel. Auf diesem Weg müssen wir mit Tempo und Entschlossenheit vorankommen.
Christian Ley

Ferner der Haushaltsplanentwurf, der den Ratsmitgliedern so vorgestellt wurde und die Grundlage für die Beratungen bildet.

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